Eine Pressemitteilung des sich als Berufsverband darstellenden Bundesverband Network-Marketing e. V. (BVNM) sorgt derzeit für einige Verunsicherung unter Networkern, denn es wird mit einem möglichen Berufsverbot für Networker seitens der EU durch zu erwatzende EU Richtlinien spekuliert und als einziger Ausweg die Anerkennung eines Berufsbildes des Networkers bezeichnet. Networker soll es nach dieser Darstellung eigentlich gar nicht geben und wenn, dann wären sie scheinselbständig, da sie angeblich nur für einen Auftraggeber arbeiten. Hier meint der BVNM kommende Reglementierungen der EU zu erkennen, die eine weitere Arbeit zumindest stark erschweren würden. Natürlich bietet man auch gleich eine Lösung an, die allerdings Geld kostet, das besagte anerkannte Berufsbild aber auch nicht bieten kann. Was hier als „qualifizierte Ausbildung“ beschrieben wird, bietet vielleicht einiges an wertvollem Wissen, aber leider weder ein anerkanntes Berufsbild noch einen IHK Abschluss.
Wie ernst kann es mit jenem möglichen Berufsverbot eigentlich sein?
Schauen wir uns einfach mal die Argumentation näher an:
Erst einmal wird hier angesprochen, dass es den Beruf des „Networkers“ eigentlich gar nicht gibt.
Das ist zwar faktisch durchaus richtig, aber ein so genannter Networker ist zumeist ein selbständiger Einzelhändler (den gibt es nämlich weltweit fast überall), der lediglich einige zusätzliche Vertragsoptionen nutzen kann, was die Verprovisionierung von Umsätzen innerhalb einer nachfolgenden Struktur anbelangt, an deren Aufbau und vor allem deren Betreuung der Einzelhändler anteilsmässig beteiligt wird. Umsatzbeteiligungen im Einzelhandel sind ebenfalls keine exklusive Domäne der Networker, sondern es gibt sie vielfach auch im stationären Einzelhandel und auch ohne aufgebaute Strukturen. Es bleibt also der selbständige Einzelhändler bzw. Handelsvermittler, wenn sich die Tätigkeit auf reine Werbung bezieht und der Warenumsatz stets über das Vertragsunternehmen (Lieferant) abgewickelt wird.
Reglementierung aus Verbraucherschutz
Vor allem der Vertrieb von rechtlich zu Lebensmitteln zählenden Nahrungsergänzungsmitteln und Wirkstoffkosmetik soll künftig reglementiert werden. Nun, auch das ist keineswegs neu und wird bereits seit vielen Jahren reglementiert durch veränderte oder neu hinzukommende Bestimmungen. Veränderte und neue Bestimmungen betreffen auch nicht nur die Networker und ihre Tätigkeit, es gibt sie schon seit vielen Jahren in allen Bereichen des Handels und Warenverkehrs. Gerade der Bereich der nahrungsmittelähnlichen und kosmetischen Produkte bekommt öfter mal neue Regeln. Was ein erfahrener Gross- und Einzelhändler bzw. Importeur oder Produzent weiss, muss auch dem Networker keine Angst machen. Erforderlich ist lediglich (für alle, die mit diesen Produkten arbeiten), stets über neue Vorgaben, Vorschriften, Ge- und Verbote informiert zu sein. Das ist jetzt allerdings tatsächlich ein Problem, das vor allem Networker betrifft, die den alltäglichen Umgang mit veränderlichen Rahmenbedingungen nicht gelernt haben und statt sich einfach anzupassen, mitunter in Panik verfallen. Den Umgang mit veränderlichen Vorzeichen muss man halt lernen.
Networker sollen Scheinselbständige sein
Dieses Argument taucht seit Jahrzehnten immer wieder neu auf, meist von Gegnern des Network Marketing aufgebracht, um damit zu dokumentieren, wie illegal Networker eigentlich arbeiten. Trotzdem ist an dieser Argumentation nicht viel dran, weil Auftraggeber eines Networkers (Einzelhändlers) seine Kunden sind (davon hat ein Networker i. d. R. mehrere bis viele. Das Anbieterunternehmen ist zwar Vertragspartner eines Networkers, allerdings lediglich Lieferant von Waren und dem Einzelhändler steht es gesetzlich frei, auch Waren anderer Anbieter zu vertreiben. Jeder Zeitungsladen verkauft Waren vieler Hersteller und mehrerer Grosshändler. Selbst Franchise-Nehmern steht es zu, in gewissem Umfang auch Fremdprodukte ins Verkaufssortiment mit aufzunehmen.
Schwieriger wird es hier im Network Marketing allerdings für Führungskräfte, die vertraglich verpflichtet werden, nur noch mit dem einen Anbieterunternehmen zu arbeiten. Das macht auch Sinn, denn man befürchtet (zu recht, wie sich schon oft gezeigt hat) den Missbrauch vertraulicher Vertriebspartnerdaten für Fremdgeschäfte. Führungskräfte werden allerdings meist vertraglich enger an das Anbieterunternehmen gebunden und verlieren einen Teil ihrer echten Selbständigkeit. Ob Grenzen zur Scheinselbständigkeit tatsächlich überschritten werden, wäre im Einzelfall anhand der individuellen Vertragsbedingungen zu überprüfen. Aber selbst hier wäre Besorgnis übertrieben, weil nach Änderung von Rahmenbedingungen (EU-Verordnungen, Gesetze…) auch Vertragsbedingungen an sich verändertes Recht angepasst werden können, so dass kein rechtsfreier Raum entsteht.
Networker existieren für Arbeitsagenturen nicht
Auch das ist zwar richtig, aber selbständige Händler existieren. Für Selbständige Händler sind Jobcenter allerdings nicht zuständig, vermitteln keine gewerblichen Tätigkeiten und spielen für die Vertriebspartnersuche auch überhaupt keine Rolle. Arbeitslose sind meist auch nicht geeignet, um sich im Network Marketing hauptberuflich selbständig zu machen, schon weil Anforderungen recht hoch sind (Businessplan, diverse Lehrgänge, Beratungen…). Aber auch die Belastungen sofort ab Start einer hauptberuflichen Selbständigkeit sind hoch. So ist z. B. eine Krankenversicherung für Selbständige abzuschliessen, deren Beiträge um die 300 Euro monatlich liegen, die erst einmal erwirtschaftet werden müssen (gelingt den meisten Startern nicht). Allenfalls eine nebenberufliche Selbständigkeit wäre für Arbeitslose möglich, die geht bis zu einem monatlichen Einkommen von 380 Euro, der Grenze für die Mitgliedschaft in der Familienversicherung als Familienmitglied und damit für eine Pflicht-Krankenversicherung für Selbständige. Wer es versäumt, eine Krankenversicherung abzuschliessen, kann auch rückwirkend zur Beitrags-Kasse gebeten werden und hat mit hohen Verzugszinsen zu rechnen. Im Gespräch ist auch eine Pflicht zur Rentenversicherung, die im ersten Anlauf zu ähnlichen Bedingungen wie die KV kürzlich nach einer Petition erstmal aufgeschoben wurde.
Im grossen und ganzen ändert sich also erst einmal nichts wirklich, denn was als Befürchtung verkauft wurde, ist noch nicht auf den Weg gebracht worden und es gibt immer Möglichkeiten, sich an sich verändernde Rahmenbedingungen anzupassen, was auch in der Vergangenheit immer wieder geschehen ist. Wichtig ist aber für jeden Selbständigen, sich über sein Unternehmen, sein Marktsegment, seine Branche, Rechte, Pflichten, gesetzliche Vorgaben etc. stets möglichst auf dem aktuellen Stand zu halten und keine wichtigen Veränderungen zu verpassen. Nichtbeachtung von Änderungen kann zu Abmahnungen und Klagen führen und dann wird es auch künftig genau so teuer, wie es auch in der Vergangenheit für viele wurde, die Entwicklungen verschlafen und Vorschriften nicht gekannt oder einfach nicht beachtet haben.
07.2013 Norbert Warnke
[ad]