Schuldenfalle für Neuunternehmer

Immer wieder wird Einsteigern geraten, möglichst schnell hauptberuflich im Network Marketing oder anderweitig selbständig  tätig zu werden, um schneller in die Gewinnzone zu kommen. Dieser Weg hat jedoch seine Tücken. Zum einen ist auch bei hauptberuflichem Engagement der Erfolg keinesfalls sicher, sondern im besten Fall lediglich möglich. Zum anderen gilt für hauptberuflich Selbständige seit 2007 die gesetzliche Pflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung. Dies hat weitreichende Folgen, über die man sich als Einsteiger im Klaren sein sollte. Für hauptberuflich Selbständige gilt die Mitversicherung über die Familienversicherung nicht mehr, Inanspruchnahme von Leistungen dort wäre also rechtswidrig und kann Ersatzansprüche nach sich ziehen. Wer sich als hauptberuflich Selbständiger kranken- und pflegeversichert, hat hier gleich zu Beginn mit Monatsbeiträgen um die 350 Euro zu rechnen, die erst einmal verdient sein wollen und eine Verschleppung des Versicherungsabschlusses kann in die Schuldenfalle führen.

Wer den Abschluss einer Krankenversicherung als Unternehmer schuldhaft verschleppt, muss später damit rechnen, dass ihm auch bei späterem Abschluss der Versicherung Beiträge seit Aufnahme des Gewerbes rückwirkend in Rechnung gestellt werden. Wer also erst nach einem Jahr eine Krankenversicherung abschliesst, muss die Beiträge für das gesamte vergangene Jahr rückwirkend nachzahlen (12 x 300 Euro sind mal eben 3.600 Euro Beitragsnachvorderung) und wird obendrauf noch mit 5% pro Monat verzinst. Im Jahr kann da eine stolze Summe zusätzlicher Schulden in fünfstelliger Höhe zusammenkommen, aus der bei der hohen Verzinsung (rund 60% pro Jahr) so schnell kein Entkommen möglich ist. Besonders Kleinunternehmer können so schnell in eine Schuldenfalle geraten.

Sollte ein neu gestartetes Unternehmen nicht von Anfang an genug Gewinn einbringen, um alle Kosten (auch die der Pflichtversicherung) zu decken, bleibt nur der Weg, sich einen Unternehmensstart über Förderungsprogramme unterstützen zu lassen. Hier bestehen Möglichkeiten, befristet wenigstens eine Förderung in Höhe der zu leistenden Pflichtbeiträge zu den Sozialversicherungen zu erhalten. In den letzten Jahren ist die Förderung von Unternehmensgründungen in Deutschland allerdings stark rückläufig, so dass es weit weniger Neugründungen gibt als in den Jahren davor.

Alternativ bleibt noch der Weg, in nebenberuflicher Selbständigkeit zu starten. Hier darf, um nicht den Schutz der Familienversicherung zu verlieren, ein monatliches Einkommen von derzeit rund 450 Euro nicht überschritten werden.

Wer verantwortungsvoll und möglichst sicher handeln möchte, sollte eh daran denken, eine hauptberufliche Selbständigkeit erst dann zu beginnen, wenn der Lebensunterhalt bereits daraus bestritten werden kann oder ausreichende Rücklagen vorhanden sind, eine anfängliche Durststrecke und einige Eventualitäten auch überbrücken zu können. Auch die Pflichtversicherungen sollten immer bedient werden, denn die Schuldenfalle schnappt nicht erst zu, wenn man den Abschluss einer Versicherung versäumt, sondern auch bei Beitragsrückständen einer bereits laufenden Versicherung.

Siehe auch: Nachforderungen von Krankenkassen (Das Erste)

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